Forschung Schlafanalyse

Schlaftracker zur Schlafanalyse: Was sie bringen und wie du deine Schlafphasen wie im Schlaflabor analysieren kannst.

Manuel Schabus

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17.09.2023

Schlafanalyse Frau wacht auf Nukkuaa

Es gibt mittlerweile viele Schlaftracker und Möglichkeiten, die Schlafqualität in den eigenen vier Wänden zu messen. Aber wie aussagekräftig sind die Ergebnisse? Wie du deine Schlafphasen wie im Schlaflabor analysieren kannst.


Eine Uhr, eine App, ein Ring oder andere Devices: Der Markt zur Schlafmessung boomt und immer mehr Menschen wollen ihre nächtliche Erholung verbessern. Das Marktforschungsunternehmen Magna geht davon aus, dass der Sleep-Tech-Markt in Deutschland, Österreich und der Schweiz bis 2028 um 15 Prozent wachsen wird. Aber wie funktionieren all diese Geräte und wie können sie konkret helfen, den Schlaf auch langfristig zu verbessern?

Fitnesstracker am Handgelenk messen Schritte, geben Tipps zur Trainingsintensität, viele geben auch vor, unseren Schlaf zu „messen.“ Am Morgen können wir dann ablesen, wann wir ins Bett gegangen und aufgestanden sind und wieviel Zeit wir in einer bestimmten Schlafphase verbracht haben. Man muss sagen, das könnten wir, wenn diese Messungen eine ausreichende Genauigkeit hätten. Bis auf die Bettgeh- und Aufstehzeit sind die Tracker jedoch meist recht ungenau, oft scheinen die Ergebnisse im Vergleich mit Messungen im Schlaflabor sogar eher zufällig. [1, 2].


Von der Smartwatch bis zum Ring: Was Schlaftracker messen

Das grundlegende Problem dabei ist, dass die Kriterien für die Messung und Beschreibung von Schlaf Großteils auf Messungen der Gehirnaktivität beruhen, wie sie in einem klinischen Schlaflabor stattfinden – und das geht nun mal nicht mit einem Device am Handgelenk. Die Fitnesstracker versuchen daher aus der Messung körperlichen Aktivität Rückschlüsse auf den Schlaf zu ziehen, denn während wir schlafen sind Bewegungen natürlich deutlich reduziert, im Rapid-Eye-Movement (REM) Schlaf sind wir sogar gelähmt. Das klappt leider aber nur mit Einschränkungen. Also Vorsicht bei Daten, die womöglich ungenau sind. Man glaubt dann an die Evidenz der Ergebnisse und könnte falsche Schlüsse daraus ziehen.


Schlafphasen wie den Tiefschlaf aufzeichnen: So funktioniert es

Besser funktioniert es, wenn Geräte noch andere Körpermaße wie beispielsweise die Herzrate oder daraus abgeleitete Maße mit einbeziehen. [3, 4] Solche Geräte funktionieren nach dem gleichen Prinzip: Ein Device misst die Herzrate, eine künstliche Intelligenz (KI), die vorher entsprechend trainiert wurde anhand der Herzdaten die Schlafphasen zu erkennen, analysiert die Daten. Je besser der Sensor und der Algorithmus, der die Daten auswertet, umso präziser fallen die Ergebnisse aus.

Ein Beispiel ist sleep² – eine App, die mit Daten von tausenden Patienten aus echten Schlaflaboren in Salzburg trainiert wurde und dadurch die bisher höchste Präzision erreicht. Das hält auch einer Überprüfung stand. Der Algorithmus wurde in einem von unabhängigen Gutachtern geprüften Artikel (peer review) publiziert. [5] Indem man sich etwa angesehen hat, wie sich das Herz im REM-Schlaf verhält, lernte das Programm die Schlafstadien nur anhand des Herzschlags zu erkennen.

sleep², ein Spin-off der Universität Salzburg, kooperiert mit dem erfahrenen Sensor-Hersteller Polar. Das neueste Sensor-Modell, genannt Verity Sense, ist auf dem Oberarm zu tragen und in der Nacht kaum zu spüren. Man braucht nichts weiter zu tun, als nachts den Sensor zu tragen und vor dem Schlafengehen mit der App zu koppeln. Der Sensor misst den Herzschlag und die App wertet die Daten aus. Das Ergebnis zeigt die Schlafphasen (Tiefschlaf, Leichtschlaf, REM-Phase oder Traumschlaf, Wachphase) an, die Einschlafdauer, die nächtliche Wachzeit, und bewertet Schlafeffizienz und Schlafqualität. Damit misst man natürlich noch immer nicht am Gehirn, man kommt den Ergebnissen aus einem Schlaflabor aber schon sehr nah.

Schlafanalyse ist das eine. Aber was tun mit den Ergebnissen?

Nun gut, werden sich manche nun fragen. Aber was tun mit den Ergebnissen? In echten Schlaflabors findet die Messung, wenn man überhaupt einen Termin bekommt, in nur einer Nacht statt. Die Aussagekraft ist deshalb auch eingeschränkt. Mobile Devices bieten hier einen Vorteil: Die Schlafanalyse kann so oft wie gewünscht in so vielen Nächten wie nötig vorgenommen und somit auch die Veränderung des Schlafes abgebildet werden. sleep² bietet auch Tipps und Schlaftraining, um den Schlaf langfristig zu verbessern. Bei anderen Angeboten sitzen die User nun vor Ergebnissen und fragen sich, was zu tun ist.


Wie man geschlafen hat, kann man ja eigentlich auch ohne Schlaf-Tracking ganz gut aus dem Bauch heraus sagen, oder nicht? Das ist vollkommen richtig und im Zweifelsfall ist das Gefühl auch wichtiger als die objektive Messung. Dennoch kann auch letztere wertvolle Informationen liefern. Beispielsweise kann sie uns darüber informieren, ob wir auch tatsächlich schneller einschlafen, seltener aufwachen oder insgesamt eine höhere Schlafeffizienz erreichen. Manchmal ist es auch beruhigend, wenn wir wissen, dass wir eigentlich mehr geschlafen haben als das gefühlt der Fall war.


Beim Thema Schlaf auf das eigene Gefühl hören

Andererseits kann das Device auch Stress auslösen, vermutet die Schlafforscherin und sleep²-Beraterin Dr. Christine Blume. Zum Beispiel, wenn das Tracking-Gerät angibt, der Schlaf sei schlecht gewesen und man könne sich deshalb am Tag darauf nicht gut konzentrieren. Dann könne das wie eine selbsterfüllende Prophezeiung sein, vermutet Blume. Man solle jedenfalls bei allen Messungen nicht vergessen auf das eigene Gefühl zu hören, empfiehlt sie. „Das ist in Sachen Schlaf wirklich wichtig.“ Das subjektive Gefühl und die Schlafmessung stimmen oft nicht überein. „Bei Ein- und oder Durchschlafstörungen ist es sogar ein Symptom, dass man den eigenen Schlaf unterschätzt."

In der Therapie wird dann vor allem daran gearbeitet, den Schlaf als erholsam zu empfinden. Für Betroffene ist es nämlich sehr wichtig, sich mit dem eigenen Schlaf wohlzufühlen. Eine objektive Messung ändert daran nicht immer etwas.


Wie den Schlaf optimieren? Das eigene Schlafverhalten ist der Schlüssel.

Die Messung allein bringt jedenfalls noch keine Schlafverbesserung oder erholsamen Schlaf. Die Interpretation und das Lernen aus den Daten sowie die entsprechenden Anpassungen im Alltag, wie gesunde Ernährung und angemessene Bewegung spielen eine Rolle.

„Wenn es ein Problem gibt, ist es entscheidend, sein Verhalten zu ändern und zum Beispiel an der Schlafhygiene vor dem Zubettgehen zu arbeiten, um so den Schlaf langfristig zu verbessern“, sagt sleep²-Gründer und Schlafforscher Prof. Manuel Schabus von der Universität Salzburg. Besonders wichtig ist gute Entspannung vor dem Einschlafen.


sleep²-Tipps:

  • Schlafmessungen durch Fitnesstracker sind wenig genau, außer sie beziehen auch Körpermaße wie die Herzrate mit ein.
  • Das Gefühl ist wichtig und im Zweifelsfall wichtiger als eine objektive Messung
  • Die objektive Messung kann jedoch ebenfalls wichtige Informationen liefern, die sich dann mit dem Gefühl vergleichen lassen.

REM Schlaf

Schlafphase, die sich durch schnelle horizontale Augenbewegungen (englisch: „Rapid Eye Movement“, REM), d.h. von links nach rechts, auszeichnet. Gleichzeitig erschlafft die Skelettmuskulatur, wir sind quasi gelähmt. Die Hirnstromaktivität (EEG) ist jedoch ähnlich wie im wachen Zustand. In dieser Schlafphase treten auch die lebhaftesten Träume auf. Der REM-Schlaf macht zwischen 20 und 25 Prozent des Nachtschlafs einer erwachsenen Person aus, der Anteil nimmt in der zweiten Nachthälfte zu.

Schlafeffizienz

An der Schlafeffizienz erkennst du, wie “effizient” du deine Zeit im Bett genutzt hast. Die Schlafeffizienz bezeichnet immer einen prozentualen Anteil und wird aus zwei Werten ermittelt: Der Zeit, die Du tatsächlich geschlafen hast und der Zeit, die du im Bett verbracht hast. Wenn Du zum Beispiel von 8 Stunden im Bett nur 6 Stunden schläfst, beträgt deine Schlafeffizienz 6/8 = 75 Prozent. Als gute Schlafeffizienz gilt in der Regel ein Wert von mindestens 80-85 Prozent.


Quellen

[1] Ameen, M. S., Cheung, L. M., Hauser, T., Hahn, M. A., & Schabus, M. (2019). About the accuracy and problems of consumer devices in the assessment of sleep. Sensors, 19(19), 4160. doi: 10.3390/s19194160

[2] Chinoy, E. D., Cuellar, J. A., Huwa, K. E., Jameson, J. T., Watson, C. H., Bessman, S. C., Hirsch, D. A., Cooper, A. D., Drummond, S. P. A., & Markwald, R. R. (2020). Performance of seven consumer sleep-tracking devices compared with polysomnography. Sleep, 44(5). doi:10.1093/sleep/zsaa291

[3] Sridhar, N., Shoeb, A., Stephens, P., Kharbouch, A., Shimol, D. B., Burkart, J., Ghoreyshi, A., & Myers, L. (2020). Deep learning for automated sleep staging using instantaneous heart rate. npj Digital Medicine, 3(1), 106. doi:10.1038/s41746-020-0291-x

[4] de Zambotti, M., Cellini, N., Goldstone, A., Colrain, I. M., & Baker, F. C. (2019). Wearable Sleep Technology in Clinical and Research Settings. Medicine and science in sports and exercise, 51(7), 1538-1557. doi:10.1249/MSS.0000000000001947

[5] Topalidis, P., Heib, D. P., Baron, S., Eigl, E. S., Hinterberger, A., & Schabus, M. (2023). The Virtual Sleep Lab—A Novel Method for Accurate Four-Class Sleep Staging Using Heart-Rate Variability from Low-Cost Wearables. Sensors, 23(5), 2390.


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